Samstag, 18. April 2020 / Kim Sager
Es ist noch sehr früh. Die Bergspitzen hoch über dem Tal werden von einem warmen Sonnenlicht erhellt, der fröhliche Gesang der Vögel kündet den Tag an, die Natur erwacht. Am alten Brunnen unter dem Kirschbaum tauche ich mein Gesicht in das kühle Quellwasser und wasche mir die letzten Reste der Müdigkeit aus den Augen. Ein Gefühl der Vorfreude ergreift mich. Heute werde ich diesen wunderbar verträumten Fleck Erde und meine damit verbundenen Gefühle zum ersten Mal mit jemandem aus meiner Familie teilen…
In eiligen Schritten begebe ich mich auf den schmalen Feldweg. Bald schon nähere ich mich der kleinen Holzbrücke, die schon etliche Biker, Spaziergänger, Insektenforscher und nicht zu vergessen der treue Einachser von Stefan 😉 überquerten. Ich bin mir sicher, dass nur die wenigsten die Bedeutung dieser Brücke kennen. Nebst dem Zweck den Bach zu Überqueren signalisiert sie nämlich die Grenze zwischen den beiden Gemeinden Törbel und Stalden.

Gerade als ich circa 20 Meter weiter die kleine Kapelle passiere, taucht plötzlich ein klares Bild vor meinem inneren Auge auf. Vor noch gar nicht allzu langer Zeit sassen Lukas und ich genau in dieser Kapelle und beteten für unsere heutigen Gäste, als sie damals im Winter 2018 auf eine abenteuerliche Reise nach Asien aufbrachen…
Als ich aus meinen Gedanken erwache, befinde ich mich bereits auf dem Trottoir neben der Hauptstrasse und erblicke in weiter Ferne zwei vertraute Gestalten. Ein grossgewachsener Mann und eine zierliche Frau mit wildem Haar. Endlich sind sie da! Mein Bruder Jannik mit seiner Freundin Daliah.
Ich bin gespannt, ob ihnen dieser besondere Ort ebenso gut gefällt wie mir und was sie wohl über das aussergewöhnliche Projekt denken werden…
Doch bevor wir zum eigentlichen Ziel ihrer Reise gelangen, legen wir einen Zwischenstopp in der aktuellen Ferienwohnung ein. Dort lernen sie Ursula Germann, die Mutter von Lukas, kennen, während sie gerade einen Zopfteig für Sonntag knetet. Dabei verzichten wir auf das Händeschütteln, weil einerseits Ursulas Hände voller Weissmehl sind und andererseits wegen des Virus. Doch den wollen wir für einen Tag ausblenden indem wir unsere Energie dem Umbau widmen.
Auf dem Grundstück angekommen treffen wir den Rest der Equipe: Stefan Germann, der Vater von Lukas, Roman Aeberli, der Schreiner und Lukas himself, der gerade frischen Filterkaffee aufgiesst.

So, es kann los gehen:
Roman startet mit der Täfelung, Jannik und Stefan mischen eine Masse aus Kalk, Sand, Gesteinen und Wasser um die Wand im Keller zu verputzen, Lukas beginnt mit dem ersten Abschleifen des Holzbodens und wir Mädels widmen uns der Isolation der Wände mit kuschlig weicher Schafwolle.
Ein schönes Bild, wie alle so motiviert und engagiert bei der Sache sind. Ich freue mich schon auf das grosse Fest nach dem Umbau. Doch wie heisst es so klassisch, zuerst die Arbeit, dann das Vergnügen.
Zum Schluss gewähre ich euch hiermit einen Einblick in folgenden Abschnitt meines Tagebucheintrags vom
18. April 2020:
„…Äs läbt im ganzä Huus, sogar so fest das zwüschäzitlach dr Strom knapp isch wordä. Guet hi d’Ursula, Daliah u ig mitm Ofä kochet u bachä.
Am Nami het Nik am Roman gholfä ds künftigä Schlafzimmer fertig täferä u wir hi Seckwiis Wullä vom underschtä i oberscht Stock gschleppet -> Das git de Mukis!
Bi Wiiswii, Bier umnä Füürli hiwer aller zämä dä wunderbar Tag la usklingä….“
